Zum Anfang   Kunst der Sechziger Jahre


Thomas Dreher


Aktions- und Konzept Kunst



Von der Expansion der Künste zu ihrer Reflexion

Unter dem Stichwort <Expansion der Kunst> wird eine Wende Ende der fünfziger/Anfang der sechziger Jahre diskutiert: Die Selbstbeschränkung des überwiegenden Teils der Nachkriegskunst auf die etablierten, zwei- und dreidimensionalen Kunstgattungen Malerei und Skulptur brechen Künstler um 1960 in Amerika und Europa auf. Aus zugleich zwei- und dreidimensionalen Zwischenformen wie der Collage und der Montage werden Assemblagen und Environments (Innenraum-Installationen), aus Aktionsmalerei wird Aktionskunst. Aktionskunst wird in Innenräumen, zum Beispiel in Environments, wie im Freien realisiert. Ob ein Konzept in Aktion überführt werden oder das Konzept als Konzept erhalten bleiben soll, problematisiert Konzeptuelle Kunst.

Kaprow_Cover 1966

Allan Kaprow: Assemblage, Environments & Happenings. New York 1966, Cover.

Shimamoto 1956 und Shiraga 1955

Oben: Shimamoto, Shozo: Farbbeutel werfen, Aktionsmalerei,
2. Gutai-Ausstellung, Ohara Kaikan, Oktober 1956.
Unten: Shiraga, Kazuo-Doru ni idomu/Kämpfen mit Schlamm, Performance,
1. Gutai-Ausstellung, Ohara Kaikan Halle, Tokio, 19.10.1955.

Der Umbruch Ende der fünfziger/Anfang der sechziger Jahre findet nicht nur in der Bildenden Kunst statt, sondern Grenzerweiterungen beziehungsweise Expansionen in der Musik, im Theater (inklusive Tanz), im Film und in der Bildenden Kunst ergänzen und durchdringen sich in verschiedenen Varianten der Multi- und Intermedia Art. In Multimedia Art werden verschiedene Künste simultan eingesetzt, während in Intermedia Art verschiedene Medien, sich wechselseitig ergänzend und durchdringend, kombiniert werden. Intermedia Art bleibt entweder experimentell oder es entstehen neue Gattungsformen mit eigenen Konventionen der Medienkombination.

Die <Expansion der Künste> ("expanded arts"/erweiterte Kunstformen)1 läßt sich unter den Stichworten <Aktion> und <Konzept> diskutieren. Beide Stichworte markieren den Aufbruch vom geschlossenen Kunstwerk, das auf der einmaligen Ausführung beruht, zum Werk als Notation oder Konzept, deren/dessen Ausführung der Künstler anderen, nicht auf künstlerische Fertigkeiten spezialisierten Personen überlassen kann. Ausführungen können zum Beispiel bei George Brecht und Lawrence Weiner in Form von Aktionen, aber auch als Textpräsentationen auf Tafeln, Schildern und Wänden erfolgen.

George Brecht: Word Event Exit 1961

George Brecht: Word Event: Exit, 1961. Oben: Event Card mit Notation. Mitte: Exit, ca. 1962-63. Ready-Made, auf Holz befestigt. Fluxus-Sammlung Gilbert und Lila Silverman, Museum of Modern Art, New York. Unten: Maciunas, George: Flag »Exit«, Prototoyp, o. J. (Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945: Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.126 mit Anm.235).

George Brecht: Word Event Exit 1961, Fluxversion

George Brecht: Word Event: Exit, 1961 mit Fluxversion. Detail of "Fluxfest Sale. Fluxus Information", 1966 (Hendricks, Jon: Fluxus Codex. The Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection, Detroit, Michigan. New York 1988, p.58).

 

Lawrence Weiner: Werk-Nr.021, 1968

Lawrence Weiner: A 36" x 36" removal to the lathing or support wall of plaster or wallboard from a wall, 1968. Kat.-Nr.021.
Links: Realisation für die Ausstellung "January 5-31, 1969", McLendon Building, New York 1969 (Kurator: Seth Siegelaub).
Mitte: Photo: Shunk Kender. Lawrence Weiner realisiert das Konzept für "Wenn Attitüden Form Werden", Kunsthalle Bern 1969 (Kurator: Harald Szeemann). © Lawrence Weiner / The Siegelaub Collection & Archives / Stichting Egress Foundation, Amsterdam.
Rechts: The Siegelaub Collection and Archives. © Lawrence Weiner / The Siegelaub Collection & Archives.

Die Begriffe Aktion und Konzept markieren die Probleme einer Kunst, die sich von Gattungsnormen befreit, sich nicht allein an Ausstellungsmöglichkeiten im Kunstbetrieb (Museen, Galerien) bindet, sondern teilweise programmatisch kunstexterne Präsentationsmöglichkeiten und Handlungsfelder sucht, ohne dort den Status Kunst anzuzeigen (zum Beispiel mittels Verwendung von Charakteristika kunstspezifischer Gattungen). Diese multi- und intermedialen Präsentationen verweigern vorcodierte Antworten auf die Frage "Was ist Kunst?".

In der zweiten Hälfte der sechziger und in den siebziger Jahren reagieren Konzeptuelle Künstler auf die Frage nach dem Status Kunst, wie sie die <als Kunst> nicht vorcodierten Präsentationsformen provozieren, indem sie neue Formen der Kunstreflexion in ihre Werke integrieren: Konzeptuelle Künstler thematisieren die Frage, wie über Kunst kommuniziert werden kann.

Durch die Problematisierung der sozialen und ökonomischen Komponenten, die die institutionellen Rahmenbedingungen von Kunst konstituieren, und die Reflexion über deren Einfluß auf den Kunstdiskurs wird Konzeptuelle Kunst in den siebziger Jahren kontextkritisch. Der alle Lebens- und Kunstbereiche umfassende Diskursrahmen der Aktionskunst verengt sich mit Konzeptueller Kunst wieder auf Fragen des Kunstbetriebs. Kunstexterne Präsentationen dienen in Konzeptueller Kunst der Thematisierung ihrer Rückkoppelung an kunstinterne Diskurse: Es geht nicht um eine Überführung der Kunst in Lebensformen, sondern um die Auslotung von Möglichkeiten, den Diskurs über Kunst und kunstexterne Präsentationsformen aufeinander zu beziehen. Die theoretischen Konsequenzen aus intermediären Präsentationsformen und ihrer (Nicht-)Institutionalisierung loten Konzeptuelle Künstler bis zu einer theoretischen Differenzierung aus, die den zeitgenössischen Diskurs über Ready-Mades und Objektkunst und die Integration dieser Präsentationsformen in den Kunstbetrieb als ungenügend ausweist.

Von der Aktionsmalerei zum Aktionstheater

Das Ende einer Kunsttheorie, die sich an den klassischen Kunstgattungen, vor allem an Malerei, orientiert, läßt sich an den Gegensätzen der Pollock-Interpretation von Clement Greenberg und Allan Kaprow ablesen. Mit Kaprows Pollock-Interpretation beginnt die Phase der Erneuerung einer intermedial ausgerichteten "Kunstbeobachtung", die Anregungen von Futurismus, Dadaismus und Konstruktivismus aufgreift, nachdem Medienkombinationen von der abstrakten Malerei der Nachkriegszeit (abstrakter Expressionismus, Informel) marginalisiert worden waren.

Bei Greenberg hat die bildende Kunst die Aufgabe, der Ausbildung einer Expertenkultur zu dienen, die sich der Erkenntnis eines zu sich selbst findenden Ästhetischen widmet. Im Visuellen gilt nach Greenberg die Reduktion von mitteilend-darstellenden Zeichenfunktionen als Voraussetzung, Fortschritte auf dem Weg zur Erkenntnis des Ästhetischen zu finden. Da das Ästhetische von Greenberg als nicht reflexiv-begrifflich, sondern als unmittelbar-sinnlich erfahrbar ausgewiesen wird, bedarf das ästhetische Urteil der Werkerfahrung. Diese Werkfunktion erfüllt nach Greenberg die Gattung Malerei, deren begrenzte Fläche er bereits Kunstcharakter zuspricht, bevor ein Künstler sie bearbeitet.

Greenberg konstruiert den Kritiker als idealen Beobachter, der ein ästhetisches Werturteil nach Stilkriterien Heinrich Wölfflins ("malerisch" versus "linear", "plastisch") fällt und diesem Urteil normativen Charakter für Beobachter zuspricht, die keinen Expertenstatus beanspruchen können. Pollocks zwischen 1947 und 1950 entstandene abstrakte "all-over" "Drippings" weist der in den fünfziger Jahren im amerikanischen Kunstbetrieb tonangebende Kritiker aus als eine Reduktion auf die Flachheit des Gemäldes durch einen "malerischen" Stil der "polyphonischen" Dezentrierung. Die Reduktion auf nichtdarstellende Formen und der dezentrierende, die Flachheit des Trägers hervorhebende Farbauftrag führen nach Greenberg zu einer ungestörten Erfahrung des Ästhetischen im "reinen" Medium des Visuellen. Der Beobachter sieht sich mit einem abgeschlossenen Werk, der "malerischen" Akzentuierung einer begrenzten Fläche, konfrontiert: Umraum und Bildraum sind getrennt, das Verhältnis zwischen dem Beobachter im Umraum und dem Werk ist ein statisches.

Namuth_Pollock 1950

Hans Namuth: Jackson Pollock malt 1950 "Autumn Rhythm (Number 30)", Atelier, The Springs, East Hampton, Long Island (an der Wand: "Number 32", 1950).

Kaprow sieht dagegen in "The Legacy of Jackson Pollock" den "Zuschauer" ("spectator"/"observer") als sich bewegenden und in der Bewegung beobachtenden, als sich mental in Pollocks "all-over"-Bildraum ein- und wieder in seine (Koordinaten der) Selbstverortung im Realraum zurückblendenden "Teilnehmer" ("participant"):

...we dip in and out when and where we can...we are participants rather than observers.2

So wird mit Kaprow der "Zuschauer" durch seine Selbstverortung in Übergängen beziehungsweise in mentalen Switchoperationen zwischen Bild- und Realraum zum "Teilnehmer". Dieser "Teilnehmer" kann auch erkennen, daß Phänomene der Alltagswelt, in der er sich als Akteur und Beobachter orientiert und bewegt, als Bestandteile einer "neuen konkreten Kunst" einsetzbar sind. Also muß Alltägliches nicht durch Grenzsetzungen zwischen Lebens- und Kunstwelt sowie zwischen Realraum und Werkraum ins Lebensferne und Außergewöhnliche transformiert werden, um in Kunst integriert werden zu können. Die "neue konkrete Kunst" blendet das Künstlerische - bei Pollock die häufig ungewöhnlichen Querformate und die rhythmische Flächengestaltung - nicht aus dem Alltag aus, sondern in die alltäglichen Weisen der "Weltbeobachtung" ein: Kunst wird beobachterzentriert. Die beobachterzentrierte Kunst ersetzt den statischen Beobachter vor dem Bild durch den sich im Realraum bewegenden und Blickbewegungen ausführenden Beobachter. Der Beobachtungsprozeß, zu dem Abfolgen aus physischen (Beobachter-) und mentalen (Beobachtungs-)Operationen gehören, löst das von Greenberg favorisierte unmittelbare Erkennen eines statischen Objektes als Gegenstand und letzten Maßstab der Kunstbeobachtung ab. Pollocks rhythmisch gegliederte Großformate beeinflußen nach Kaprow die Wahrnehmung des Realraums: Die Art, wie sich der Beobachter im Realraum bewegt, wird auch vom Bildraum beeinflußt.

Kaprows Äußerungen in Texten und Interviews seit Ende der fünfziger Jahre enthalten sowohl eine individuelle, auf das eigene Oeuvre bezogene, wie auch eine ideale Ableitung des Happening. Er leitet das Happening aus Erweiterungen der etablierten Kunstmedien durch neue, nicht kanonisierte Formen ab, die zu Medienübergängen und neuen (Inter-)Medien führen: Kaprow beschreibt sowohl seinen individuellen als auch einen idealen Weg von der Malerei über die Collage zur Assemblage und zum Environment (1956-57), das zum Aktionsort für Happenings wird. Kaprow zeigt seinen Weg vom Environment zum Happening in Environments (1958-59) und im Außenraum (ab 1962) als konsequente Folge auf: Die eigene Entwicklung wird zum Beleg für das Modell einer Mediengeschichte.3

Allan Kaprow: Beauty Parlor 1958

Allan Kaprow-Untitled Environment/Beauty Parlor, 1. Fassung, Environment, The Hansa Gallery, New York, Februar 1958 (Unten: Allan Kaprow vor Regal mit Tonbandgeräten).

Kaprow begründet seinen Schritt zum Happening mit der Möglichkeit der Lenkung der Beobachteroperationen (Körperbewegungen) im Environment. Zugleich setzt dieser Schritt Aktionspotentiale frei, was schon im "Action Painting" angelegt war. Kaprow 1966:

What happened was that a fairly simple growth took place from the collage to the giant action collage to the use of denser and denser material until it became a giant assemblage that grew and grew until it filled the room. Naturally people had to move within the parts in order to experience it. And as they did that, it became apparent to me that they were components, whether they knew it or not. I hadn´t figured on them, of course, and in order, now, to acknowledge their presence as integrals of the thing I began to score parts for people in such a way as to provide a maximum of flexibility, from almost passivity to a great deal of responsible activity. So there you have, in a capsule form, the growth of the Happening from collage or from action painting actually, to an emphasis on action without the painting, but I passed through the collage idea.4

In Kaprows "18 Happenings in 6 Parts" (1959) werden in Raumteilen, die durch drei Paravents aus Holzgerüsten mit halbdurchsichtigen Plastikfolien abgetrennt sind, Handlungen von Akteuren simultan präsentiert. Das Publikum erhält auf dem Programmzettel und auf "three cards" "instructions". Die "three cards" geben die Reihenfolge des Platzwechsels zwischen den drei abgetrennten Aktionsbereichen - einem "three ring circus" - an: "Everybody moved twice" (Kaprow, 9.10.1999). Die "instructions" auf dem Programm geben den Besuchern Auskunft über Anfang und Ende jedes "part", die Dauer der Pausen und den Platzwechsel. Diese "instructions" stehen rechts neben einer mit "Cast of Participants" überschriebenen Textspalte, in der die Akteure und ihre Aktionen aufgelistet sind. Kaprow führt auf dem Programmzettel nicht nur die "participants", sondern auch die "visitors" als Teilnehmer auf, die instruiert werden müssen.5

Kaprow: 18 Happenings in Six Parts 1959

Allan Kaprow: 18 Happenings in Six Parts, Reuben Gallery, New York 1959.

Zeitklammern

Auf dem Weg zur Aktionskunst treffen sich zwei Entwicklungsstränge: einerseits der (bild-)künstlerische von der Aktionsmalerei zur Aktion (Jackson Pollock, Gutai) zur Aktion und andererseits der musikalische von spielbaren Noten zu Notationen mit graphischen und/oder verbalen Spielanweisungen. Zwei Expansionen der Künste - die Erweiterungen künstlerischer und musikalischer Strategien - wachsen zu experimentellen Aktionsformen zusammen, die etablierte Theaterformen - vor allem das Rollenspiel nach schriftlich fixierten Dialogen - in Frage stellen. Die neuen Formen der Spielanweisung halten sich nicht an Gattungsnormen, die im Musik- und Theaterbetrieb etabliert sind.

John Cage: 45 min. concerted action 1952

John Cage: 45 min. concerted action, 1952. Bildquellen: Links: http://www.artperformance.org/article-20349225.html (23.5.2015 nicht gefunden). Rechts: Straebel, Volker: "...that the Europeans will become more American". Gegenseitige Einflüsse von Europa und Nordamerika in der Geschichte der Musikperformance. In: Dézsy, Thomas/Utz, Christian (Hg.): Musik. Labyrinth. Kontext. Kat. Ausst.. Offenes Kulturhaus des Landes Oberösterreich. Linz 1995, S.83.

1952 notierte der Komponist John Cage "Zeitklammern" für Aktionen von KünstlerInnen aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Die KünstlerInnen realisierten das mit diesen "Zeitklammern" organisierte Multimedia-Happening "45 min. konzertierte Aktion"/"Theatre Piece No.1" im Sommer 1952 im Eßsaal des Black Mountain College in Asheville/North Carolina: Mary Caroline Richards (Dichterin), John Cage (Lesung), Merce Cunningham (Tänzer), Robert Rauschenberg (Maler), David Tudor (Musiker), Charles Olson (Dichter) und Jay Watt (Musiker) führten nacheinander und simultan miteinander innerhalb der für jede Aktrice/jeden Akteur vorgegebenen "Zeitklammern" Aktionen aus. Cage äußerte 1965 über die Aufführung:

During periods that I called time brackets, the performers were free within limitations...compartments which they didn´t have to fill, like a green light in traffic. Until this compartment began, they were not free to act, but once it had began they could act as long as they wanted during it.6

Malerei als Bühnenelement, Bildprojektion, Tanz, Dichtung und Musik trafen in der "konzertierten Aktion" am Black Mountain College aufeinander. Bevor das "Action Painting" in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre in Aktionstheater überführt wurde (Gutai, Georges Mathieu, Allan Kaprow, Markus Prachensky), gab es bereits das Multimedia-Happening.7

Events und "`idea´ Happenings"

Künstler lernten von Komponisten wie John Cage Notationsformen für die Organisation von Aktionen in Zeitdimensionen. Die in Musik und Theater übliche Trennung zwischen Notation und Interpretation kehrte in Aktionskunst als Trennung zwischen Konzept und Aktion wieder.

John Cage Class, New School For Social Research

Studenten der Klasse von John Cage an der New School for Social Research, New York, zwischen 1956 und 1960: Al Hansen gibt George Brecht und Allan Kaprow Anweisungen zur Realisation einer Notation. Foto: Harvey Gross.

Cages Kurse an der "New School of Social Research" (1956-1958, 1959-1960) besuchten die späteren Fluxus-Mitglieder George Brecht, Al Hansen, Dick Higgins (alle Künstler), Toshi Ichiyanagi (Musiker) und Jackson Mac Low (Dichter). Cage stellte dort zunächst seine neuesten Arbeiten vor: Vom Aufführenden ist bei der Übersetzung von Cages graphischen Notationen in Klangereignisse zum Beispiel die Art der Klangerzeugung und die Klangdauer frei zu entscheiden. Danach ging Cage auf die Arbeiten seiner Schüler - in der Mehrheit Nicht-Musiker - ein und half ihnen, die häufig noch verdeckten Ansätze zu einer eigenständigen Produktion zu erkennen. Die Schüler erhielten von Cage Anregungen, Notationsweisen für Aus- und Aufführungen zu entwickeln, die tradierte Gattungsgrenzen - der Kunst, der Musik, der Literatur und des Theaters - überschreiten. Al Hansen schrieb über Cages Unterricht und seine Schüler:

Most of the pieces involved a notation and explanation form which the class would perform. Cage would suggest different ways to alter the performance...8

Cages Betonung der "Dauer" und seine Vorliebe für "komplexe Situationen" wird von einigen seiner Schüler durch die "short form" des "events" ersetzt - seit 1959 von Dick Higgins und George Brecht sowie seit 1960 von La Monte Young.9 Die "short form"-Notation besteht aus knappen Vermerken auf Kärtchen in Alltagssprache, die den Ausführenden große Freiheiten läßt. Weitere Fluxus-Künstler wie Eric Andersen, Giuseppe Chiari, Robert Filliou, Albert M. Fine, die japanische Künstlergruppe Hi Red Center, Geoffrey Hendricks, Takehisa Kosugi, George Maciunas, Yoko Ono, Chieko Shiomi und Robert Watts arbeiten ebenfalls mit "short form"-Notationen.

John Cage: Fontana Mix 1958

John Cage: Fontana Mix, 1958. Notation.

Cage erreicht "indeterminacy" des Verhältnisses zwischen Komposition und Realisation10 durch graphische, bedeutungsoffene Notationssysteme, während George Brecht es durch kurze (elliptische) verbale Angaben dem Aufführenden überläßt, zu entscheiden, was zu tun ist: Auf seinen "event cards" sind Substantive, Prädikate und Präpositionen notiert, während Verben und sonstige Bezeichnungen für Handlungen fehlen. Wie die Interpreten von Werken Cages sich eine zweite Notation für die Aufführung erstellen müssen, die eine der Möglichkeiten der graphischen Notation in normaler Notenschrift konkretisiert, so müssen sich die Aufführenden von Brechts "event cards" ein Handlungskonzept einfallen lassen, in dem zum Beispiel ein Exemplar aus der Menge von Objekten, die in der Notation mit einem Sammelwort bezeichnet ist, vorkommen kann. Zwischen die Konzeption des Künstlers und die Realisation schiebt sich bei Cage und Brecht der Realisationsplan eines Aufführenden. In "Fluxversions" haben Brecht und andere Fluxus-Mitglieder Realisationspläne für eigene Notationen vorgestellt, die häufig Künstlerkollegen, teilweise aber auch die Autoren auf "Fluxfests" ausführten.

Fluxus Event Cards

(Hendricks, Jon: Fluxus Codex. The Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection, Detroit, Michigan. New York 1988, p.58,194,257)

Während die Notationsvorgaben für einen Realisationsplan bei Cage häufig noch Bezüge zur musikalischen Zeitorganisation für versierte Interpreten erkennen lassen, werden bei Fluxus-Künstlern ungewöhnliche Gebrauchsweisen des musikalischen Instrumentariums zu einem Aktionsbereich unter anderen (auch kunst- und musikexternen) Aktionsfeldern, die nicht spezialisierte Ausführende an beliebigen Orten ausführen können.

Kaprow bezeichnete privat von Brecht verschickte "event cards" als "`idea´ Happenings":

...the extent of possibilities here is enormous. Most of the time, however, it seems that they are simply thought about."

Brecht provoziert durch kurze Notationen Assoziationsfelder. In mentalen Realisationen der Wort-"arrangements" auf "event cards" können Assoziationen entfaltet werden. Physische Realisationen beziehungsweise Ausführungen in Form von Aktionen und Objekten müssen keine Rückschlüsse auf das Notierte zulassen. Ausführungen ermöglichen es Beobachtern, andere Assoziationsfelder aufzubauen, als die Notation und der Notationsplan nahelegen. Einige "Event Cards", so zum Beispiel "Beat Piece" von Yoko Ono (1963), legen dem Leser die Entscheidung nahe, auf physische Realisationen zu verzichten und es bei "Beobachtungsoperationen" zu belassen. Diese Beobachtungsoperationen müssen sich nicht auf die Außenwelt richten, sie können sich auch - wie Ono´s "Card Piece VI" - an die `Innenwelt´ wenden.11

Konzeptuelle Kunst

Lawrence Weiner wurde durch frühe Gruppenausstellungen Konzeptueller Kunst, die der Galerist Seth Siegelaub zusammenstellte, bekannt. In einem Statement, das im Katalog zu Siegelaubs Ausstellung "January 5-31, 1969" zum ersten Mal publiziert wurde, systematisiert Weiner die in Robert Watts´ Definition des "Events" (1964) enthaltene Relationierung von Konzept und Realisation. Weiner erklärt in diesem Statement, das den Status seiner Textwerke festlegt und seither seine Präsentationen (von Ausführungen und/oder Notationen) begleitet:

1. The artist may construct the piece
2. The piece may be fabricated
3. The piece may not be built
Each being equal and consistent with the intent of the artist the decision as to condition rests with the receiver upon the occasion of receivership12

Aus der Auseinandersetzung, ob das Aktionskonzept oder die Realisation als künstlerisches Endprodukt zu betrachten sind, resultiert nicht erst in Konzeptueller Kunst, sondern bereits in Arbeiten der Cage-Nachfolge und des Umfelds von Fluxus eine Textkunst aus verbalen Notationen, die Entscheidungen über die (Art der mentalen/realen) Ausführung dem Beobachter überläßt.13

Die Voraussetzungen dieser Textkunst werden in Konzeptueller Kunst
a.) vor dem Horizont der im Kunstbetrieb etablierten visuellen Präsentationsformen überprüft (Mel Bochner, Sol LeWitt),
b.) in intermedialen Modellen implizit (Robert Barry, Victor Burgin, Douglas Huebler, Joseph Kosuth, John Stezaker, Lawrence Weiner) und
c.) in Theorien explizit (Art & Language)
problematisiert . Aus der verbalen Notations- beziehungsweise Textkunst entwickelt sich eine "Reflexionskunst", in der das Erstellen von Texten über Rahmen (Konzepte der Kunst) und Rahmenbedingungen (Kontext bzw. Institution Kunst) die Atelierarbeit und die künstlerische Werkproduktion ablöst.14 Diese kontextkritische Text- und Reflexionskunst wird zwischen 1968 und 1970 unter den Bezeichnungen “Concept Art“ und “Conceptual Art“ in Gruppenausstellungen lanciert, die Überblicke über aktuelle Tendenzen (Anti-Form, Arte Povera, Land Art) geben.15

Sol LeWitt: Serial Project #1 1966

Sol LeWitt: Serial Project #1, 1966.

Joseph Kosuth: One and Three Chairs 1965

Joseph Kosuth: One and Three Chairs, 1965, Stuhl, Foto, Textvergrößerung (englisch-deutsche Fassung), Sammlung Paul Maenz, Neues Museum Weimar . Oben: Galerie Paul Maenz, Köln 1983. Foto: Thomas Dreher. Unten: Foto: Paul Maenz.

Charakteristisch für Konzeptuelle Kunst ist nicht die Einführung neuer Präsentationsformen, sondern die Rekombination bereits eingeführter Präsentationsweisen,
a.) um die Grenzen etablierter Gattungskriterien auszuloten oder in Frage zu stellen,
b.) um Argumentationsmodelle für die Frage der Definition des Status Kunst zu schaffen, und
c.) um eigene Argumentationsweisen als mögliche Diskursanlässe vorstellen zu können und so die Untrennbarkeit von Kunst und Kunst der Argumentation vorzuführen.
Durch den semantischen Anstieg (a zu c), durch Reflexionen über Kunsttheorien und den Kunstbetrieb im und als Werk, wird von Seiten der Künstler eine Strategie zur Schaffung eines Diskursrahmens über Kunst eingeführt. In diesem Diskurs sollen institutionalisierte Verfahren, die zur Bestimmung des Status Kunst führen, kritisch geprüft werden. Konzeptuelle Künstler problematisieren die Durchdringung ihrer Arbeitsbedingungen mit institutionalisierten Rahmenbedingungen und sorgen für die Integration dieser Kritik in museale Rahmenbedingungen, indem sie ihre Modelle und Theorien auch in Ausstellungen lancieren. Durch diese Selbsteinbringung in den Kunstbetrieb wird die Kontextkritik zwar unter den Bedingungen der kritisierten Umstände vorgestellt, sie erhält aber auch die Chance, im direkten Affront wirkungsvoller zu argumentieren.

Atkinson/Baldwin: Print (2 Sections A and B) 1966, Section A

Art & Language (Terry Atkinson, Michael Baldwin): Print (2 sections A and B), Texttafel, 1966. Detail: Section A.

Selbstbezüge der Präsentationsformen werden in Konzeptueller Kunst im Laufe der sechziger und siebziger Jahre als "Reflexivität"16, als Reflexion der Reflexion, gerade durch Fremdbezüge auf die den Status Kunst mitdefinierenden Rahmenbedingungen (bzw. durch die Klärung dieser Bedingungen und ihre Kritik) eingeführt: Die Ausdifferenzierung von Selbstbezügen setzt Fremdbezüge voraus. Die Verschachtelung von Selbst- und Fremdbezug, von Werkkonzept und von im Werk als Thema wiederkehrenden Präsentationsbedingungen, läßt sich als Selbst-(Selbst-/Fremd-)Bezug darstellen. Die Interpenetration von Selbst- und Fremdbezug widerspricht zeitgenössischen künstlerischen Positionen, die künstlerische Arbeit und deren Rezeptionsbedingungen trennen.17

Aus den von Lucy Lippard in "Change and Criticism: Consistency and Small Minds" vorgestellten Beobachtern, die künstlerische Setzungen so gründlich wie möglich als Experten nachvollziehen18, sollen kritische Beobachter werden, die die Vorcodierung ihrer eigenen Art der Kunstbeobachtung in Frage stellen und mögliche Konzepte der Kunst thematisieren können: Es geht den Mitgliedern von Art & Language nicht darum, vorhandene kunsttheoretische Ansätze (mit dem Geltungsanspruch, über den Status Kunst zu entscheiden) durch neue <bessere> Normen zu ersetzen, sondern den Kunstdiskurs zum Diskursiven und Dialogischen, zur Auseinandersetzung mit alternativen Theorien, zu öffnen. Der Dialog setzt restriktionsfreie Zonen zur Schaffung von Alternativen voraus: Eine Kunstkritik mit normativem Geltungsanspruch, wie ihn Greenberg erhebt, wird von einer radikal pluralistischen Kunstreflexion abgelöst. Es bedarf der sozialen Praxis, um restriktionsfreie Diskurse über alternative Kunsttheorien zu ermöglichen.19

Thomas Dreher 2001

(Dieser Beitrag führt in die Website "Thomas Dreher: Intermedia Art" ein und faßt Abschnitte aus verschiedenen Artikeln und Büchern des Autors (s. Anmerkungen) zu einer Skizze der Brechungen von Aktion und Konzept in intermedialer Kunst der sechziger Jahre zusammen. Begriffe wie (Ko-)Akteur, Autor, Künstler, Spielteilnehmer, Beobachter, Partizipant/Teilnehmer und Zuschauer stehen, obwohl sie nur in maskuliner Form verwendet werden, auch für die femininen Varianten (Ko-)Actrice, Autorin, Spielteilnehmerin, Beobachterin, Partizipantin/Teilnehmerin und Zuschauerin. Die kürzere maskuline Form dient nur der Vereinfachung des Satzbaus und verhilft dazu, umständliche Formen wie "die/der KünstlerIn" oder "die Actrice/der Akteur" zu vermeiden.)

Anmerkungen:

1 "Intermedia": Higgins, Dick: Intermedia (1966). Neu in: Higgins, Dick: Horizons. The Poetics and Theory of the Intermedia. Carbondale and Edwardsville 1984, S.18,20: "Much of the best work being produced today seems to fall between media...The ready-made or found object, in a sense an intermedium since it was not intended to conform to the pure medium, usually suggests...a location in the field between the general area of art media and those of life media." Vgl. Kirby, Michael: The Art of the Time. Essays on the Avant-Garde. New York 1969, S.13: "Intermedia-art that exists between prevalent definitions or makes use of materials and concepts from two different disciplines." Higgins ergänzt: "Das Wort <Intermedia> habe ich bei Samuel Taylor Coleridge (1772-1834) wiedergefunden [in: Coleridge, Samuel Taylor: Coleridge´s Miscellaneous Criticism. London 1936, S.21,31,33]. Er hat schon 1812 [vielmehr 1818] den Begriff <Intermedia> verwendet. Es war ein vergessenes Wort, bis ich es 1963 wiedergefunden habe." (Peters, Ursula/Schwarzbauer, Georg F. (Hg.): Fluxus. Aspekte eines Phänomens. Kat. Kunst- und Museumsverein Wuppertal im Von der Heydt-Museum. Wuppertal 1981, S.221. Vgl. Higgins, Dick: Horizons, s. o., S.23,120) Außerdem über "Intermedia": Higgins, Dick: Horizons, s. o., S.15ff.,23-28,30f.,138; Higgins, Dick: Toward the 1970s. In: Vostell, Wolf (Hg.): Aktionen. Happenings und Demonstrationen seit 1965. Eine Dokumentation. Reinbek bei Hamburg 1970, o. P.; Higgins, Dick: Statement on Intermedia. In: dé-coll/age. No.6. Juli 1967, o. P.
Über die Differenz von Inter- & Mixed oder Multimedia: Higgins, Dick: Horizons, s. o., S.138: "...when two or more discrete media are conceptually fused, they become intermedia. They differ from mixed media...in being inseparable in the essence of an artwork...mixed media: the presence of two or more media without their being conceptually fused...one always knows which is which. In this way mixed media differ from intermedia...and intermedial forms such as the happening." Morgan, Robert C.: Commentaries on the New Media Arts...Pasadena/California 1992, S.3: "Intermedia is based on an idea as it moves between media rather than the multimedia display of several media happening simultaneously, usually within a theatrical or performance context."
Zur Entwicklung von "Intermedia Art": Moles, Abraham: Intermedia Art. Theoretical analysis of the intermedia artform. Kat. The Solomon R. Guggenheim Museum. New York 1980, o. P.: "Two directions are open for intermedia art. The one is a systematic, but careful, deeping of the difficult contrapunctual relationship between one or the other media. The other is the quest for new media: these media of the senses that have not been explored until now, either for lack of technical mastering, or out of intellectual prejudices."
"expanded arts": Maciunas, George: Expanded Arts Diagram. In: Film Culture. "Expanded Arts Special Issue". No. 43. Winter 1966. Neu in: Sohm, Hanns: Happening & Fluxus. Materialien. Kat. Kölnischer Kunstverein. Köln 1970, o. P. Von erweiterten Kunstformen ("expanded arts") zum erweiterten Kunstbegriff: Joseph Beuys in: o. A.: Krawall in Aachen. Interview mit Joseph Beuys. In: Kunst. Nr.4. Oktober/November 1964, S.96; Beuys, Joseph: Jeder Mensch ein Künstler. [documenta 5, Kassel 1972] Frankfurt a. M. 1975, S.94; Filliou, Robert: Lehren und Lernen als Aufführungskünste. Köln/New York 1970, S.161; Jappe, Georg: Beuys Packen. Dokumente 1968-1996. Regensburg 1996, S.204 (Interview 1972). Vgl. über Beuys: Honnef, Klaus: Concept Art. Köln 1971, S.15ff.; Stachelhaus, Heiner: Josef Beuys. München 21988, S.79-91. Vgl. eine Herleitung der "Expansion der Kunst" ohne Referenz auf Maciunas oder Beuys: Claus, Jürgen: Expansion der Kunst. Beiträge zu Theorie und Praxis öffentlicher Kunst. Frankfurt a.M./Berlin/Wien 1982.

2 Kaprow, Allan: The Legacy of Jackson Pollock (1958). Neu in: Ders.: Essays on the Blurring of Art and Life. Berkeley 1993, S.5f.
Clement Greenberg über Jackson Pollocks "all-over": z. B. Review of Exhibitions of Jean Dubuffet and Jackson Pollock. In: The Nation, 1.2.1947; Review of Exhibitions of Worden Day, Carl Holty, and Jackson Pollock. In: The Nation, 24.1.1948. Vgl. Greenberg, Clement: The Collected Essays and Criticism. Vol.2: Arrogant Purpose, 1945-1949. Chicago 1986/21988, S.125,202,222f.; Ders.: The Collected Essays and Criticism. Vol.3: Affirmations and Refusals, 1950-1956. Chicago 1993/21995, S.105,225f.; Ders.: Collected Essays and Criticism. Vol.4: Modernism with a Vengeance, 1957-1969. Chicago 1993/21995, S.74,110,128,179,213,246,270.
Greenberg über eine statische Kunst der Malerei: "...pictorial art in its highest definition is static; it tries to overcome movement in space or time...The <at-onceness> which a picture or a piece of sculpture enforces on you is not, however, single or isolated. It can be repeated in a succession of instants, in each one remaining an <at-onceness>, an instant all by itself." (Greenberg, Clement: The Case for Abstract Art (1959). Neu in: Ders.: The Collected Essays and Criticism, s. o., Vol. 4, S.80f.)
Greenberg über "flatness": "The literal nature of the mdium of painting consists in configurations of pigment on a flat surface...colors placed on a flat surface." (Greenberg, Clement: The New Sculpture. In: Ders.: Collected Essays and Criticism. Vol.2, S.315) Vgl. Ders. über "flatness and the delimitation of flatness" als "the irreducible essence of pictorial art": "...thus a stretched or tacked-up canvas already exists as a picture - though not necessarily as a successful one." (Greenberg, Clement: After Abstract Expressionism (1962). In: Ders.: Collected Essays and Criticism. Vol. 4, s. o.; S.131f.).
Greenbergs Bezug auf Stilkriterien Heinrich Wölfflins: Greenberg: Collected Essays and Criticism. Vol.2, s. o., S.51; Ders.: Collected Essays and Criticism. Vol.4, S.123,192,258,294. Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England zwischen 1963 und 1976. Diss. Ludwig-Maximilians-Universität, München 1988/Frankfurt a. M. 1992, S.128f.,133.
Über Clement Greenbergs "formal criticism" und Greenbergs Pollock-Interpretation: Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. o., S.127f. (mit weiteren Lit.angaben); Ders.: Performance Art nach 1945: Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.20-26,63-67 (mit weiteren Lit.angaben).
Über Allan Kaprows Pollock-Interpretation: Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. o., S.149f.; Ders.: Peter Weibel – Polykontexturalität in reaktiver Medienkunst. Das Duoversum Raumbild-Bildraum und die Pluralisierung der Bildräume. In: Schuler, Romana (Hg.): Peter Weibel. Bildwelten 1982 - 1996. Wien 1996, S.50ff.; Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. o., S.64-67.
"Kunstbeobachtung": Luhmann, Niklas: Weltkunst. In: Baecker, Dirk/Bunsen, Frederick D./Luhmann, Niklas: Unbeobachtbare Welt. Über Kunst und Architektur. Bielefeld 1990, S.7ff.,20f.,40,42. Vgl. Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. o., S.26-31,407-422,445ff.
"mitteilende [Zeichen-]Funktion": Mukarovský, Jan: Kapitel aus der ästhetik. Frankfurt a. M. 41982 (i.O.m.d.T. Studie z Estetiky. Prag 1966), S.20,86,91f.,128,142f.,146.

3 Allan Kaprow über (s)eine Mediengeschichte von der Malerei und Collage über die Assemblage und das Environment zum Happening: Nöth, Winfried: Strukturen des Happenings. Hildesheim/New York 1972, S.22f.,34-77, bes. Abschnitt 1-2 mit Kaprow-Zitaten (S.47,49,51). Zur Entwicklung von Allan Kaprow von 1953-1967: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.85-102,139ff.,250-254,431-435.
"Weltbeobachtung": Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1997, S.1114,1118.
Beobachter-/"Beobachtungsoperationen" (Niklas Luhmann): Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.20-26 (mit Lit.angaben). Vgl. Dreher, Thomas: Peter Weibel - Polykontexturalität in reaktiver Medienkunst, s. Anm.2, S.38 mit Anm.9,11,12.

4 Allan Kaprow 1966 in: Siegel, Jeanne: Artwords. Discourse on the 60s and 70s. Ann Arbor/Michigan 1985 und New York 1992, S.168f.

5 Kaprow, Allan-18 Happenings in Six Parts, Reuben Gallery, 62 Fourth Avenue, New York, 4.10.1959, 6.-10.10.1959 (mit Sam Francis, Red Grooms, Dick Higgins, Alfred Leslie, Robert Rauschenberg, Lucas Samaras, George Segal, Robert Whitman u. a.), in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.91ff. (mit Lit.hinweisen).
Weitere öffentlich realisierte Happenings von 1958-59:
Grooms, Red-A Play Called Fire, Sun Gallery, Provincetown/Massachusetts, August 1958, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.115 (mit Lit.hinweisen).
Grooms, Red-The Walking Man, Sun Gallery, Provincetown/Massachusetts, September 1959, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.115 (mit weiteren Lit.hinweisen).

Grooms, Red-The Burning Building: A Play, Delancey Street Museum (Atelier), 148 Delancey Street, Lower Street East Side, Manhattan /New York, 4.-11.12.1959, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.115 (mit Lit.hinweisen).
Hansen, Alfred Earl-Incomplete Requiem for W. C. Fields Who Died of Acute Alcoholism, Epitome Coffee Shop, 165 Bleecker Street, New York, 1958, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.58,275,324,326,328,340 (mit Lit.hinweisen); Hansen, Al: A Primer of Happenings and Time/Space Art. New York 1965, S.105.
Hansen, Alfred Earl-Alice Denham in 48 Seconds, "music happening" (Aufführende: New York Audiovisual Group (Al Hansen, Dick Higgins u. a.) und von Hansen als Ersatz für nicht erschienene Akteure aufgeforderte Zuschauer), A Program of Advanced Music, Kaufman Concert Hall, YMCA, Lexington Avenue at 92nd Street, New York, 7.4.1959, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.29ff. (mit weiteren Lit.hinweisen); Hansen, Al: A Primer of Happenings and Time/Space Art, s. o., S.95-102; Jappe, Elisabeth: Performance Ritual Prozeß. Handbuch der Aktionskunst in Europa. München/New York 1993, S.176.
Kaprow, Allan-Pastorale, Happening mit Künstler-Kollegen der Hansa Gallery anläßlich eines Picknicks auf George Segals Hühnerfarm, South Brunswick/New Jersey, Frühjahr 1958, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, S.86 mit Anm.156 (mit weiteren Lit.hinweisen). Kaprow, Allan-Communication Happening, "informal Happening", Voorhees Chapel, Douglass College, New Brunswick/New Jersey, 15.4.1958, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, S.86f. mit Anm.156 (mit weiteren Lit.hinweisen) und Abb.11, S.480.

6 Kirby, Michael/Schechner, Richard: An Interview with John Cage (1965). Neu in: Sandford, Mariellen R. (Hg.): Happenings and Other Acts. London 1995, S.53.
Cage, John-Konzertierte Aktion/Theatre Piece No.1, Black Mountain College, Asheville/North Carolina, Sommer 1952, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.57f. (mit Lit.hinweisen).

7 Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.68-91.

8 Hansen, Al: A Primer of Happenings, s. Anm.5, S.96.

9 "Dauer" und "komplexe Situationen": Cage, John: Silence. Lectures and Writings (1961). Middletown/Connecticut 1983, S.13 ("duration"), 53, 66 ("situation of complexity").
"Event": Eine Definition der "events" versucht Robert Watts in "In the Event" (in: Times Literary Supplement, 6.8.1964, neu in: Oliva, Achille Bonito (Hg.): Ubi Fluxus ibi motus 1990-1962. La Biennale die Venezia. XLIV Esposizione Internatzionale d´Arte. Giudecca. Venedig 1990, S.279f.): "Some of the events are just things to think about. Others are actions that can be carried out, sometimes before an audience or persons. Some are actions to be performed in private. Some are instructions for actions, for attitudes, positions, or stances. Some are impossible, some inconsequential. The events to which I refer here are the ones that are printed on cards and collected in a box...I tend to look upon events as actions of short durations, not necessarily related in any special sense."
Zur "short form": Dreher, Thomas: <Après John Cage>: Zeit in der Kunst der sechziger Jahre - von Fluxus-Events zu interaktiven Multi-Monitor-Installationen. In: Bischoff, Ulrich (Hg.): Kunst als Grenzbeschreitung. John Cage und die Moderne. Kat. Staatsgalerie moderner Kunst. München 1991, S.59 mit Anm.27 (mit Lit.hinweisen). Im Zusammenhang der ersten "event cards" 1959 von George Brecht und Dick Higgins irritieren Yoko Onos Datierungen der Kurznotationen "Secret Piece" mit "summer 1953", "Lighting Piece" mit "1955 autumn" und "Central Park Piece" mit "1956 autumn" (Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.119, Anm.218 (mit Lit.hinweisen); Ono, Yoko: Grapefruit. New York 1964/1970/1971, o. P.).
Zum Unterricht von John Cage an der New School of Social Research, New York 1956-58: Dreher, Thomas: `Après John Cage´, s. o., S.57 mit Anm. (mit Lit.hinweisen); Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.119 mit Anm.218 (mit Lit.hinweisen).

10 Cage, John: Silence, s. Anm.8, S.35-40.

11 "Events" und "Fluxversions" für "Fluxfests": Dreher, Thomas: `Après John Cage´, S.59f.; Ders.: Performance Art nach 1945, S.123-127, Abb.15; Hendricks, Jon: Fluxus Codex. The Gilbert and Lila Silverman Collection. New York 1988, S.58f.; Sohm, Hanns: Happening & Fluxus, s. Anm.1, o. P.
"`idea´ Happening": Allan Kaprow 1966 in: Siegel, Jeanne: Artwords. Discourse on the 60s and 70s. Ann Arbor/Michigan 1985 und New York 1992, S.173. Vgl. Dreher, Thomas: <Après John Cage>, s. Anm.9, S.59f.; Ders.: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.123-129.
Ono, Yoko-Beat Piece, Herbst 1963: "Listen to a heartbeat." Vgl. Onos Hinweis auf eine Ausführung: "This was first performed in 1965 at the East End Theatre, New York, by people coming on stage and lying on each other´s body to listen." (Ono, Yoko: Grapefruit, s. Anm.9, o. P.; Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.134 mit Anm.245 (mit weiteren Lit.hinweisen)) Onos Realisationsplan verwendet ein "`idea´ Happening" als Basis für die Realisation eines "participation Happenings". Allerdings kommunizieren die Teilnehmer nicht über das Gehörte.
Ono, Yoko-Card Piece VI, Frühjahr 1964: "Find a card in your Weltinnenraum." (Ono, Yoko: Grapefruit, s. o., o. P.)

12 Siegelaub, Seth (Hg.): January 5-31, 1969. Kat. New York 1969, o. P.
Während Watts in "In the Event" (s. Anm.9) noch zwischen Events für mentale und Events für physische Realisationen (in Form von "actions,...attitudes, positions or stances") unterscheidet, hält Weiner das Möglichkeitsfeld offen und überläßt es dem "receiver", über die Art der Realisation zu entscheiden. In eigenen Ausführungen führt Weiner selbst alternative Weisen der physischen Realisation als Textpräsentation mit Lettern (meist auf Wänden) oder als film- und fotografierbare Aktion mit oder ohne ausstellbare Aktionsspuren vor.
Zum Kompetenz-Performanz-Modell am Beispiel der verbalen Notationen Lawrence Weiners: Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.2, S.105-108; Tragatschnig, Ulrich: Konzeptuelle Kunst. Interpretationsparadigmen. Ein Propädeutikum. Diplomarbeit Karl-Franzens-Universität, Graz 1996/Berlin 1998, S.62f.,70.

13 Äußerungen über "Concept Art" im Fluxus-Kontext: Tony Conrads "Concept Art" (Summer 1961: "To perform this piece do not perform it. this piece is its name. this is the piece that is any piece. watch smoke" (Hendricks, Jon: Fluxus Codex. The Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection. New York 1988, S.330), Henry Flynts Artikel "Concept Art" (In: Mac Low, Jackson/Young, La Monte (Hg.): An Anthology...New York 1963/21970, o. P.), Robert Watts´ "In the Event" (s. Anm.9) und Ken Friedman in "Fluxus and concept art" (In: Art and Artists. October 1972, S.50): "A short definition of concept art as it came to be practiced might be: A series of thoughts or concepts, either complete in themselves as work(s), or leading to documentation or to realisation through external means." (Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.127)

14 Kontextkritische Konzeptuelle Kunst: Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.2, S.111-126; Ders.: Kontextreflexive Kunst. Selbst- und Fremdbezüge in intermedialen Präsentationsformen. In: Weibel, Peter (Hg.): Kontext Kunst. Kunst der 90er Jahre. Kat. Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum. Graz 1993/Köln 1994, S.82-97.
"Reflexionskunst": Gehlen, Arnold: Zeit-Bilder. Zur Soziologie und Ästhetik der modernen Malerei. Frankfurt a. M. 1960/21965, S.17,73,84,174,217; s. Anm.16.

15 Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.12, S.165-199 über frühe Ausstellungen Konzeptueller Kunst und S.39-45,69-89 über Konzeptuelle Kunst, Anti-Form, Arte Povera und Land Art. Vgl. Dreher, Thomas: concept art/minimal/arte povera/land art: Sammlung Marzona. In: das kunstwerk. Oktober 1990, S.53: "Allgemeine Eigenschaften der Kunst um 1970 sind die `armen Materialien´ (Arte Povera), der Wandel von einem geschlossenen Werk zu vielteiligen Arbeiten (Minimal Art und Anti-Form), die nach den auf Zertifikaten mitgeteilten Intentionen des Künstlers zu installieren sind, und eine Konzeptualisierung durch die Brechung der Funktion von Kunst im Kunstwerk (Concept Art). In den verschiedenen Kunsttendenzen tritt der eine oder andere dieser Aspekte vor den anderen."

16 "Reflexivität": Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a. M. 21987, S.198f.,211,560-563,601,628f. Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.2, S.121 mit Anm.60, 61; Ders.: Kontextreflexive Kunst, s. Anm.14, S.97. Arnold Gehlen versteht unter "Reflexionskunst" (s. Anm.14) die Kunstdefinitionen hinterfragenden experimentellen Formen der klassischen Avantgarde. Konzeptuelle Kunst führt einen semantischen Anstieg von Gattungsgrenzen problematisierenden Intermedia über Modelle mit Theorie-Implikationen bis zu expliziten Diskursen vor (Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.12, S.37,54f.,67, vgl. Summary 1, Summary 3).

17 Die amerikanischen Mitglieder von Art & Language 1975 in "The Fox" über die Relationen zwischen Künstler, Kunstbetrieb und Kunstöffentlichkeit: Ramsden, Mel: Perimeters of Protest. In: The Fox. Vol.1/Nr.1. New York 1975, S. 133ff.: "Review of a pannel discussion at Artists Space, 115 Wooster Street, New York City, February 18, 1975. The eight panelists were: Carl Baldwin (moderator), Carl Andre, Rudolf Baranik, Mel Edwards, Hans Haacke, Nancy Spero and May Stevens...It´s depressing to see people take their work for granted, as if the work itself didn´t already embody some of this society´s political relations. Except perhaps for Haacke and one is never sure of Andre, the others didn´t seem to understand many of their problems resulted from their work itself and the paradigmatic weight given to the cult of individual art-personalities." Menard, Andrew/White, Ron: Media Madness. In: The Fox. Nr.2. New York 1975, S.105: "For it seems to me that media have completely penetrated to the level of art production, that modes of distribution (museums, trade journals, even television on occasion) are implicitly reproduced in the work itself, that the form and content of art is in fact determined by the modes of distribution (media). In the long run, even the judgments of critics, curators, etc., are not `external´ to our work, but an integral part of it; indeed, formalist art is uniquely dependent on the presence of art criticism." Burn, Ian: [Review:] Art-Language, Volume 3/Number 2. In: The Fox. Nr.2. New York 1975, S.54: "The paradoxes are obvious: in a cultural world sustained (intellectually and economically) by the distinction between individual and public, you can´t go on as if `a public´ didn´t exist (why bother publishing) - at the same time, you can´t blithely presuppose a public since that reproduces the very conditions we´re contesting." Vgl. ebda, S.53f.: "By addressing yourself to an audience, can you avoid your remarks serving to define that audience? Of course, there are situations when it is not only important but unavoidable to utilize this as a strategy...for example, when you are trying to polarize certain prevailing social conditions along a different axis than is presently available. In such cases you can´t avoid defining that <audience> since you are, in effect, <creating> it...or presupposing it as a possible audience. But, at the same time, taking an audience as given is one way of guaranteeing its perpetuation, since to a large extent that means accepting as given the social relations of this audience. The idea of working to change those social relations means treating this audience as problematic, it means (I think) not trying to define the same audience but presupposing a different audience."(Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.2, S.159-163,217-222)
Selbst-(Selbst-/Fremd-)Bezug: Dreher, Thomas: Ders.: Kontextreflexive Kunst, s. Anm.14, S.95ff.,106; Ders.: Performance Art nach 1945, s. Anm.2, S.21, Anm.14; Ders.: Peter Weibel - Polykontexturalität in reaktiver Medienkunst, s. Anm.2, S.38 mit Anm.12.

18 Lippard, Lucy: Change and Criticism: Consistency and Small Minds (1967). Neu in: Dies.: Changing. Essays in Art Criticism. New York 1971, S.23-34.

19 Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England, s. Anm.2, S.157-163; Ders.: Kontextreflexive Kunst, s. Anm.16, S.91-97.