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Thomas Dreher

 

Otto Mühl:

Materialaktionen Nr.16 und Nr.17, 1965


Otto Muehl: Bimmel BammelOtto Muehl: Bimmel Bammel

Das von Otto Mühl 1965 selbst verlegte Aktionsbuch "Bimmel Bammel" enthält 20 schwarz/weiß-Abzüge der Materialaktionen Nr.16 und 17. 1 Die beiden Aktionen und die sie dokumentierenden Abzüge des Buches werden hier vorgestellt.

In "Materialaktion Nr.16" (1965) sucht Otto Mühl noch in Form von Masken einen theaterinternen Referenzpunkt. Er bricht den Zeitbezug durch eine klassische und eine zeitgenössische Maskenform, indem er die beiden Akteure eine "Stiermaske" und eine Maske aus Aluminiumfolie tragen läßt. 2 Beide Akteure werden von Mühl mit den selben Materialien beschüttet: "schwarze Flüssigkeit" beziehungsweise "schwarze Suppe" und "Weizenmehl". Auch "Eier Holz Fleisch, Gemüse...mit der Klistierspritze bearbeitet" führt Mühl in der Fotodokumentation als Materialien auf, mit denen die Akteure bearbeitet werden. Die Materialien verändern die Erscheinung der Masken in einer Weise, die ihre Differenz betont: Während die fließende Farbe (bzw. die "schwarze Flüssigkeit" oder "Suppe") den anthropomorphen Charakter der "Stiermaske" unterstreicht, ergäbe sich auf der Alufolie zwischen Licht reflektierenden Flächen und Farbgerinnsel ein Gegensatz, wenn nicht die Knittertopographie der Folie vermitteln würde: Die Falten nehmen der Folie den Glanz, weil die glatten Flächen als Voraussetzung zur Lichtreflexion fehlen, und lenken den Farbfluß. Mühl konstruiert eine Relationenrelation zwischen der Relation zwischen darstellender "Stiermaske" und konkreter Materialbeschüttung einerseits sowie der Relation zwischen nicht anthropomorpher Alumaske und anthropomorph-fließendem Material andererseits. Diese Relationenrelationierung läßt sich als mit theatralischen Mitteln inszenierter Dialog zwischen organisch-darstellender ("Stiermaske") und anorganisch-abstrakter Malerei (Alumaske) mit Aktionsmalerei – letztere modifiziert zur organisch-konkreten Materialbeschüttung – umschreiben. Die eigenartige Verbindung zwischen darstellender "Stiermaske" und Materialprozeß expliziert Mühl in der Fotodokumentation auf einer der Transparentfolien, die zwischen die Abzüge eingeschoben sind:

Materialaktion ist dargestellte Malerei
Stiermaske aus einer Klistierspritze bespritzt.

"Materialaktion" ist und ist nicht "dargestellte Malerei": Sie ist Dar-Stellung im Sinne von Performance als einer "Direct Action" und ist nicht Darstellung im Sinne von Repräsentation durch Abbildung. Die Stiermaske ist zwar darstellend, wird aber durch Materialbeschüttung überformt: Das Relief einer Darstellung liefert den Träger für eine Dar-Stellung im Sinne einer Zur-Schau-Stellung von Prozessen. Die beiden Masken in "Materiaktion Nr. 16" provozieren zu Vergleichen mit den beiden Masken in Max Ernsts "Die Geburt der Komödie" (1947). Günter Metken verweist in einem Katalogbeitrag zu Ernsts Bild auf den Zusammenhang, den Friedrich Nietzsche in "Die Geburt der Tragödie" zwischen Masken, dem unpersönlich-chorischen Ursprung der Tragödie und dem Gott Dionysos herstellt. 3 Wieland Schmied setzt die Differenz zwischen vorderer und hinterer Maske in Ernsts "Geburt der Komödie" analog zur Differenz zwischen Dionysischem und Apollinischem in Nietzsches "Geburt der Tragödie". Außerdem verweist Schmied auf Äußerungen Nietzsches über Masken in "Jenseits von Gut und Böse" wie "Alles, was tief ist, liebt die Maske". 4 Die Äußerungen von Metken und Schmied über die Rolle der Masken in Nietzsches Erörterungen und in Ernsts Bild liefern Bedeutungsfelder zur Interpretation von Mühls "Materialaktion Nr.16". Es liegt nahe, die Aluminiummaske mit Apollinischem und die Stiermaske mit Dionysischem zu identifizieren. Vor diesem theater- und kunsthistorischen Hintergrund läßt sich die "Materialaktion Nr.16" als `Metatheater´ auffassen, das zwischen Abstraktion und Imitation die Wandlung der Äußerungsformen des Dionysischen in der Tragödie vom unpersönlichen Chor zur Personalisierung als apollinisches Traumgesicht und damit die Spannung zwischen dionysischer Lyrik und apollinischer Epik austrägt. Die apollinische Alumaske steht in ihrer unpersönlich-abstrakten Erscheinung dem Dionysischen nahe, während die "Stiermaske" via Nachahmung von Naturformen eine Personalisierung des Dionysischen im Apollinischen vorführt. Die Differenz zwischen beiden Masken, die (dialektische) Zuordnungen zu Apollinischem und Dionysischem erlaubt, ordnet Mühl Dionysischem unter, indem er beide der Materialbeschüttung, einem nicht darstellenden Prozeß, unterwirft. Die Differenzierungen der Masken erscheinen als Binnendifferenzierungen des "Apollinische[n] der Maske" 5, in denen das übergeordnete Dionysische auf unterschiedliche Weise wiederkehrt.

Wie die Interpretation der "Materialaktion Nr. 16" vor dem Horizont zeigt, den Nietzsches Auseinandersetzung mit Formen der Tragödie liefert, läßt sich Mühls Dialog zwischen Malerei und Theater auch als theaterinterner Dialog zwischen Apollinischem und Dionysischem lesen: Aus der Aktionsmalerei entwickelte Mittel sind sowohl als Farbmaterie Brechung des Theatralischen durch Gattungsfremdes als auch als Schütt- und Verlaufsprozeß Teil eines Aktionstheatervokabulars. Die malerische Brechung wird zur aktionsinternen Reflexion der Medienkombinationen im Theater. Max Ernsts Bildtitel "Die Geburt der Komödie" kommentiert Nietzsches "Geburt der Tragödie" in einer Weise, die sich auch auf Mühls Verhältnis zu Hermann Nitschs Nietzsche-Rezeption übertragen läßt: Nitsch ist bei seinen Kollaborationen mit Mühl 1962-64 verärgert, wenn Mühl mit gleichen "Materialien (Eier, rote Farbe usf.) komische Effekte erzielt[...]." 6

Die Materialbeschüttung dient Mühl als Bindeglied zwischen Aktionsmalerei und Aktionstheater, zwischen "Malaktion" und "Aktion". Dieses Bindeglied allerdings setzt die Teilung in Schüttenden und Beschüttete, in "Materialaktion Nr.16" in einen Akteur (Mühl) und zwei passive Akteure voraus. Der Materialprozeß führt zu Bildern der durch den Schüttenden veränderten passiven Koakteure. Diese Struktur der Beschüttung passiver Koaktricen oder Koakteure kehrt in Mühls "Materialaktionen" seit 1963 wieder. 7 Mühl kennt die Praxis des auf Koaktricen oder Koakteure Schüttenden, seit er den an ein Holzkreuz gefesselten Hermann Nitsch in dessen "1. Aktion" (1962) mit Blut bearbeitete. In Nitschs "5. Aktion", im letzten Teil zugleich Mühls "Materialaktion Nr.4", wiederholen beide am 3.3.1964 diese Zusammenarbeit. Nitsch plant in der Notation zur letzten Sequenz der "5. Aktion" die Beschüttung des passiven, ans Kreuz gefesselten und zuerst be-, dann entkleideten Akteurs mit Blut. Mühl realisiert diese Sequenz, indem er den passiven Akteur Nitsch mit Schlamm und Stoffetzen bewirft.

Hermann Nitsch_1. Aktion

Hermann Nitsch: 1. Aktion, Wohnung Otto Mühl, Wien, 19.12.1962 (Foto: Richard Niederbacher).

Hermann Nitsch_5. Aktion

Hermann Nitsch: 5. Aktion/Otto Mühl: Materialaktion Nr.4 (`Kreuzigung eines männlichen Körpers´), Wohnung Otto Mühl, Wien, 3.3.1964 (Foto: Abzug ehemals Sammlung Philipp Konzett/Galerie Westlicht, Wien).

Die Spannungen zwischen tragischer und komödiantischer Orientierung verschärfen sich 1964. Anders als Mühl, der in seiner kontinuierlichen Entwicklung von der Aktionsmalerei zum Aktionstheater den aktionsinternen Dialog zwischen Malerei und Theater forciert, integriert Nitsch Schütthandlung und Aktionsmalerei als Bausteine unter anderen Bausteinen in ein theatralisch ausgerichtetes Gesamtkonzept. 8 Zur Reformulierung des Aktionstheaters aus malerischen und theatralischen Quellen setzt Mühl 1965 in der "Materialaktion Nr.16" das Problem der Darstellung als Bezugspunkt in der oben dargestellten Weise ein. Aus der Konterkarierung von darstellenden Traditionen in den Gattungen Malerei und Theater entwickelt Mühl ein komödiantisch orientiertes Metatheater. Mühls Metatheater widerspricht Nitschs an antiken Dramen und christlicher Liturgie 9 orientiertem kulturgeschichtlichem Anspruch. Nitsch begründet diesen Anspruch mit der selbstgestellten Aufgabe der "katharsis" 10, die von psychischen Folgen der Tötungs- und Inzestverbote 11 befreien soll. Nitschs Begründung der Funktion des Aktionstheaters und ihre tragische Komponente konterkariert Mühl im Umschlag des Tragischen ins Komödiantische.

"Materialaktion Nr.17" zeigt zwar wieder Beschüttungen zweier "männl. Körper" durch Mühl – jetzt mit "Rübenklistier", "Spinat", "Schlagobers", "Sand", "Speiseöl", "Gebrauchsartikelpulver", "Milchrauch", "Staub", "Sodawasser" und "Weizenmehl" –, doch ändern sich jetzt die Stellungen der Koakteure. In einer Szene klemmen die beschütteten Koakteure eine an einem langen Kabel hängende Birne zwischen ihre Köpfe. In einer weiteren Szene klemmt ein Ballon zwischen Gesässen und Köpfen der Koakteure. Die Koakteure berühren den Ballon nicht mit ihren Händen. Außer dem schüttenden Mühl erscheint nur das Requisit "explodierender ballon", aber keiner der beiden Koakteure, aktiv. Materialbeschüttung, Ballon, Birne und die noch relativ passiven Koakteure sind Aktionsmittel des in einigen Abzügen der Dokumentation ganz oder zum Teil, weil angeschnitten, sichtbaren Aktionisten Mühl. 12 Mühl erweitert seinen Aktionsbereich über Schüttaktionen hinaus um Aktionen mit Requisiten am Körper des Beschütteten. Zum handelnden Akteur Mühl kommen meist passive und in einigen Szenen zwar handelnde, aber dem Hauptakteur dennoch untergeordnete und ihm als Requisiten dienende `Nebenakteure´ hinzu.

Thomas Dreher 2001/Webfassung 2013

 

Anmerkungen:

1 Mühl, Otto-Materialaktionen Nr. 16 und Nr.17, Perinetgasse, 1200 Wien, 6.3., 13.3.1965, in: Mühl, Otto-Bimmel Bammel. Materialaktion Nr.16 ["aluminium"] und Nr.17 ["2 männl. Körper"], Wien 1965, 20 s/w-Abzüge, davor, dazwischen und danach 22 Transparentpapiere mit Schreibmaschinenschrift (keine Angaben über FotografInnen; Hinweis auf "auswahl aus 232 Fotos"), "herausgeber und verleger otto mühl...exemplar: 4"; signiert: "Otto Mühl 11.6.1965" (Archiv Sohm, Staatsgalerie Stuttgart). Mühl schreibt im Impressum: "die materialaktion bimmel bammel wurde am 6. u. 13.3.65 für foto u. film durchgeführt." Auf dem Transparentpapier über dem zweiten Foto dagegen heißt es: "Vor Publikum vorgeführt/Durch Foto und Film festgehalten/Mehl und schwarze Suppe". In Klocker: Wiener Aktionismus (Klocker, Hubert: Wiener Aktionismus. Bd. 2: Wien 1960-1971. Der zertrümmerte Spiegel. Kat. Graphische Sammlung Albertina Wien. Wien 1989), S.245, Abb.20 ist "Bimmel Bammel" als "Materialaktion Nr.19" mit dem Datum "Februar 1965" aufgeführt (Ludwig Hoffenreich wird als Fotograf und Kurt Kren als Kameramann genannt. In Loers/Schwarz: Wiener Aktionismus (Loers, Veit/Schwarz, Dieter: Wiener Aktionismus. Bd. 1: Von der Aktionsmalerei zum Aktionismus. Wien 1960-1965. Kat. Museum Fridericianum. Kassel 1988), S.289,322 sowie von der Austrian Independent Film + Video Database (Internet/URL: http://www.sixpackfilmdata.com/filmdb_display.php?id=215&len=de (16.6.2013) mit "Bimmel-Bammel" als "17. Materialaktion") werden Ernst Schmidt jr. als Kameramann und Regisseur des Films "Einszweidrei" von 1968 (16 mm, Farbe, stumm, 10 Min. Verleih: Austria Filmmakers Cooperative, Wien) erwähnt, in den die Aufnahmen der Aktion einmontiert wurden).

2 Vgl. Oldenburg, Claes-Nekropolis II, Ray Gun Theater, New York, 16.-17.3.1962 (Film, 16 mm, s/w, stumm, 20 Min. Kamera: Raymond Saroff), in: Oldenburg, Claes: Oldenburg´s Store Days. New York 1967, S.146ff., bes. S.148: "Lucas [Samaras] has already a mask on, made of aluminium sprayed white. The relatives put on masks on the spot at the beginning of the part. They crush the aluminium paper into their faces, making rough masks." (Abb. in: Celant, Germano (Hg.): Claes Oldenburg. Eine Anthologie. Kat. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 1996, S.135; Haskell, Barbara/Hanhardt, John G.: Blam! The Explosion of Pop, Minimalism and Performance 1958-1964. Kat. Whitney Museum of American Art. New York 1984, S.42, Abb.48; Oldenburg, Claes: Oldenburg´s Store Days. New York 1967, S.97f.; Rose, Barbara: Claes Oldenburg. Kat. The Museum of Modern Art, New York. New York 1970/Stuttgart, London, Reykjavik 2. Auflage 1976, S.68)

3 Ernst, Max-Die Geburt der Komödie, Öl auf Lw., 1947, in: Spies, Werner (Hg.): Max Ernst. Retrospektive 1979. Kat. Haus der Kunst. München 1979, S.324 (Beitrag: Günter Metken). Vgl. Nietzsche, Friedrich: Die Geburt der Tragödie oder: Griechentum und Pessimismus (1872/86). Neu in: Ders.: Sämtliche Werke. Die Geburt der Tragödie. Der Griechische Staat. Stuttgart 8. Auflage 1976, S.87-91.

4 Schmied, Wieland: Friedrich Nietzsche und sein Einfluß auf die Bildende Kunst...In: protokolle. Bd. 2/1996, S.88f. (mit Bezug auf Nietzsche, Friedrich: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral (1884-85). Neu in: Ders.: Sämtliche Werke. Jenseits von Gut und Böse. Stuttgart 1986, S.50).

5 Nietzsche, Friedrich: Die Geburt der Tragödie oder: Griechentum und Pessimismus (1872/86). Neu in: Ders.: Sämtliche Werke. Die Geburt der Tragödie. Der Griechische Staat. Stuttgart 8. Auflage 1976, S.91.

6 Loers, Veit/Schwarz, Dieter: Wiener Aktionismus. Bd. 1: Von der Aktionsmalerei zum Aktionismus. Wien 1960-1965. Kat. Museum Fridericianum. Kassel 1988, S.262.

7 Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.192ff.

8 Nitsch, Hermann-1. Aktion, Wohnung Otto Mühl, Obere Augartenstraße 14/20, Wien II, 19.12.1962, in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, Kap. 2.5.1.1.4, S.167 mit Anm.314 (mit weiteren Lit.angaben).
Nitsch, Hermann-5. Aktion/Mühl, Otto-Materialaktion Nr.4 (`Kreuzigung eines männlichen Körpers´), Wohnung Otto Mühl, Obere Augartenstraße 14/20, Wien II, 3.3.1964, in: Klocker, Hubert: Wiener Aktionismus. Bd. 2: Wien 1960-1971. Der zertrümmerte Spiegel. Kat. Graphische Sammlung Albertina Wien. Wien 1989, S.242,271,330; Nitsch, Hermann: Das Orgien Mysterien Theater. Alle Partituren der aufgeführten Aktionen 1960-1979. Bd. 1: 1.-32. Aktion. Neapel/Mailand/Wien 1979, S.67-72; Loers, Veit/Schwarz, Dieter: Wiener Aktionismus. Bd. 1: Von der Aktionsmalerei zum Aktionismus. Wien 1960-1965. Kat. Museum Fridericianum. Kassel 1988, S.262-265,269,271.
Zur Schüttaktion der Aktionsmalerei in Nitschs Gesamtkonzept: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, Kap. 2.5.1.1.3, 2.5.1.1.4, S.165-171. Vgl. Stärk, Ekkehard: Hermann Nitschs `Orgien Mysterien Theater´ und die "Hysterie der Griechen". Quellen und Traditionen im Wiener Antikebild seit 1900. München 1987, S.25ff.

9 Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, Kap. 2.5.1.1.8, S.180ff.

10 Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, Kap. 2.5.1.1.12, S.186ff.

11 Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, Kap. 2.5.1.1.5, S.171-174.

12 In Otto Mühls Fotodokumentation "Bimmel Bammel" (1965, in: s. Anm.1) sind zwischen den oben beschriebenen Fotos der "Materialaktion[en] Nr.16" und "Nr.17" vier Fotos angeordnet, die nacheinander (1) Brust- und Bauchpartie einer mit dunkler Flüssigkeit beschütteten Aktrice, (2) einen offenen, mit Drähten versehenen Mund eines die Zunge heraus streckenden und mit Schüttspuren versehenen Akteurs mit Bart, (3) ein weibliches beschmiertes Gesäß mit einem beschütteten Regenschirm, der einen phallisch gebildeten Griff aufweist, und (4) ein mit hellem Pulver besprühtes weibliches Gesäß zeigen (Die Zuordnung dieser vier Fotos zu "Materialaktion Nr.16" oder "Nr.17" wird in der Fotodokumentation "Bimmel Bammel" nicht geklärt. Sie fallen als Einzelfotos mit ihrer Präsentation jeweils neuer Situationen mit neuen Requisiten und nicht wieder erkennbaren oder anderen Akteuren und Aktricen heraus, während die Fotos vor und nach ihnen sich zu Sequenzen mit wiederkehrenden Akteuren, Requisiten und an das Vorangegangene anschließenden Handlungsbildern fügen.). Die in den oben beschriebenen Fotos als Prozeß gezeigte Schüttaktion erscheint in diesen vier Fotos abgeschlossen. Diese Fotosequenz nimmt `noch´ im Beschüttungsvokabular `schon´ spätere Aktionen mit sexuellen Bezügen vorweg, wie sie Mühl nach den "Totalaktionen" mit Günter Brus (1966-68, in: s. Anm.408,410) in neuem "Körperanalyse"-Vokabular (1967-68, in: s. Anm.385f.) entwickelt.

 

(publiziert in: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.196-201, mit einer schwarz/weiß-Abbildung)

 

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Fotodokumentation (s.Anm.1):

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch mit 20 schwarz/weiß-Abzügen der Materialaktionen Nr.16 und 17, Archiv Sohm, Staatsgalerie Stuttgart.

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, Impressum.

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Materialaktion ist darstellende Malerei/Stiermaske mit einer Klistierspritze bespritzt".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Vor Publikum vorgeführt/durch Foto und Film festgehalten/Mehl und schwarze Suppe".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Die Materialaktion benützt jedes Material/Er zerdrückt einen mit schwarzer Flüssigkeit/getränkten Badeschwamm".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Eier Holz Fleisch Gemüse und Geräusche/mit der Klistierspritze bearbeitet".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Theater Oper Leichenfeier Weizenmehl".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Konzert Gottesdienst Suppen Nudeln Saucen".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Semmelbrösel Blut Papier Marmelade Tiere und Menschen/Aluminium und Speiseöl".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Zahnfleisch Draht Leichenmixer/Parlament ist auch ein Hemd".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Materialaktion Fleischer Köche Regenschirm und Arsch".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Zuckerbäcker Sportler Chirurgen Polizisten Geiseskranke/auch das Kreuz im Arsch".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Rübenklistier und Kopf und Kopf".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Soldaten Artisten Pfarrer Schlagobers Politiker/Ärsche Spinat und Luftballone".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Feuer Speiseöl Sand Schlagobers und Steine/bestäubt mit Weizenmehl".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Milchrauch Suppenblech Gebrauchsartikelpulver".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Verkehrsunfälle Maiaufmarsch und Ko[p]f und Kopf/das Hühnerei".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Staub Geräusche Sodawasser/Explodierender Ballon".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Schädel Buckel Niederhauen".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Kniet nieder und ein schwarzer Fleck".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Auf und Ab im Weizenmehl".

Otto Muehl: Bimmel Bammel

Otto Mühl: Bimmel Bammel, 1965, Aktionsbuch, s/w Foto, mit Schreibmaschine geschriebener Text auf Transparentpapier, das den Fotoabzug schützt: "Die tiefere Bedeutung".